Rückblick:

Workshop „Klimakrise dekolonial – Was muss sich ändern?“ 06.11.2022

von Jessica Rabi Aboubakari

Am 06.11.2022 fand von 10 – 13 Uhr der Workshop zum Thema „Klimakrise dekolonial – Was muss sich ändern?“. Eingeladen haben wir Dodo und Laura Bechert, die 2021 zusammen mit Shaylı Kartal unter dem BUND Jugend, die Broschüre „Kolonialismus und Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand veröffentlichten.

Zu Beginn wurde neben der genaueren Einordnung des politischen Begriffs „weiß-sein“ und BIPoC auch die Selbstbezeichnung MAPA (Most Affected People and Areas, übersetzt: am stärksten betroffene Personen und Gebiete) dargelegt. Im Gegensatz zur häufig verwendeten Beschreibung „Menschen des Globalen Südens“ stellt der Begriff MAPA eine selbstgewählte Bezeichnung der betroffenen Personen dar.

Um heutige Debatten zum Thema Rassismus innerhalb der Klimabewegung und im Umgang mit der Klimakrise genauer einordnen zu können, wurde daher ein Blick auf die Geschichte des Kolonialismus geworfen. Es wurde dargelegt wie ein rassistisches und falsches Darstellen der Geschichte (Bsp. „die Entdeckung Amerikas 1492) ausblendet, dass sowohl Menschen zwanghaft kolonialisiert, versklavt und ermordet wurden und auch Territorien nur mit Hilfe von gewaltsamer Zerstörung des gesamten Ökosystems vollzogen werden konnte.

Dies konnte nur gerechtfertigt werden, indem durch den Prozess des „Otherings“ weiße Menschen als zivilisiert, gebildet, modern, fortschrittlich und männlich gleichgesetzt wurde und BIPoC als „die Anderen“ und unzivilisiert, wild, emotional und weiblich deklariert wurden.

So kann deutlich erklärt werden, dass diese kolonialen und rassistischen Gedanken auch heute noch bei Menschen des Globalen Nordens, also auch innerhalb der Klimabewegung internalisiert sind und dazu beitragen, dass MAPA in öffentlichen Diskursen nicht sichtbar gezeigt werden.

Das wurde vor allem an dem Beispiel von Vanessa Nakate, einer ugandischen Klimaaktivisten deutlich, die als einzige Schwarze Aktivistin aus einem Pressefoto mit ansonsten nur weißen Klimaaktivisten wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer raus geschnitten wurde.

Zu sehen ist dies auch anhand vermeintlich „grüner“ Technologien, wie am Beispiel des Lithium-Abbaus, welches für die Herstellung von wiederaufladbaren Akkus verwendet wird. Die Salzwüste Salar de Uyuni in Bolivien wird zerstört, es werden enorme Mengen an Wasser verschwendet und Abwässer vergiftet, was zu akutem Trinkwassermangel für Menschen, die in diesen Regionen leben, führt. Koloniale Kontinuitäten werden so weitergeführt, indem es für selbstverständlich gehalten wird, sich an den Ressourcen anderer zu bereichern und prekäre Lebensstandards der jeweilig betroffenen Personen in Kauf zu nehmen und zu ignorieren.

Zentrale Forderungen und Lösungsvorschläge zum Aufbrechen von Kolonialen Kontinuitäten in der Klimabewegung wurden zum Schluss gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutiert. Neben dem ständigen Reflektieren der eigenen Privilegien, waren hier besonders auch das Teilen der vorhandenen Privilegien als Allys (Übersetzung: Verbündete*r), aber auch dem bewussten Aufmerksammachen von Rassismus in den eigenen aktivistischen Gruppen, als Lösungen gesehen wurden.

Workshop „Widerstandskämpfe von BIPoC* in der Klimabewegung“

Am 27.11.2022 fand von 10 -13 Uhr der zweite Workshop zum Thema „Kolonialismus und Klimabewegung“ statt. In diesem BIPoC* only Workshop sollte in einem geschützteren Rahmen über die Folgen des Kolonialismus auf die Klimakrise gesprochen werden, um sich anschließend verschiedene Widerstandskämpfe von Aktivist*innen anzuschauen und dadurch für sich selbst mögliche Handlungsoptionen zu finden.
Nach dem ersten Blitzlicht, in dem Teilnehmende Assoziationen zum Begriff „Klimagerechtigkeit“ teilen konnten, wurde bereits durch die Begriffsumwandlung zu „KlimaUNgerechtigkeit“ die von Rassismus geprägte Klimabewegung deutlich.
Durch einen Input Vortrag der beiden referierenden Personen wurde nochmal bewusster wie vorhandene Strukturen Stimmen von MAPA (Most Affected People and Ares, übersetzt: am stärksten betroffene Personen und Gebiete) ausschließen.

Laut einer Studie von Carbon Brief, die die zwischen 2016 bis 2020 meisten zitierten wissenschaftlichen Artikel im Bereich Klima untersuchten, sind weniger als 1% auf dem afrikanischen Kontinent lokalisiert, wohingegen mehr als 75% in Europa oder Nord-Amerika leben. Unter diesen 100 Artikeln befinden sich außerdem nur 12 Verfasserinnen.
„Unheard but not voiceless (übersetzt: Ungehört, aber nicht ohne Stimme)“ heißt es also treffend. Gleichzeitig werden innerhalb der weißen Klimabewegung Perspektiven von MAPA häufig instrumentalisiert und durch eigene Fantasien und dem geglaubten Naturverständnis, den MAPA vermeintlich hätten, verwechselt. So führt das wieder zu einer eurozentrischen fremdbestimmten Perspektive.

Die Forderung von den Teilnehmenden, aber auch vielen weiteren BIPoC*s sowohl in der Diaspora, als auch im Globalen Süden lautet also wirklich zuhören, die eigenen Privilegien und das bisherige Vorgehen der Klimabewegung hinterfragen und MAPA und BIPoC zu richtiger Klimagerechtigkeit unterstützen.

Hier sind vier Klimaaktivist*innen, die du auch kennen solltest:

  • Alaa Abd El-Fattah (britisch-ägyptischer Aktivist, Blogger und Journalist), der seit 2014 aufgrund der angeblichen Verbreitung von Fake News in Ägypten im Gefängnis sitzt. Er kämpft auch aus der Haft weiterhin für mehr Demokratie.
  • Francia Márquez wurde am 19.06.2022 erste afrokulumbianische Vizepräsidentin in Kolumbien. Sie setzt sich aktivistisch für Umwelt- und Landrecht für afrokolumbianische Menschen ein und wurde 2018 mit dem Goldman Environmental Prize ausgezeichnet.
  • Elizabeth Wanjiru Wathuti ist Gründerin der Green Generation Inititative in Kenia, die neben dem Pflanzen von Bäumen auch eine sichere Nahrungsmittelversorgung fördern.
  • Mitzy Violeta Corés Guzmán ist Teil des Netzwerks „Futuros Indígenas“. Sie setzt sich unter anderem für das Wiederherstellen von verdrängten Sprachen und zerstörtem Wissen indigener Völker ein. 2022 gewann sie den Global Citizen Price.

Wir bedanken uns bei Laura und Dodo, sowie allen Teilnehmenden für einen interessante und lehrreichen Austausch!

Hier findet ihr die Webversion der Broschüre „Kolonialismus und Klimakrise. Über 500 Jahre Widerstand“.

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